Der Deutsche Werkbund auf der Weltbühne 1

oder wie Deutschland 1913 doch noch an der Weltausstellung teilnahm. Das deutsche Haus und die deutsche Abteilung für Raumkunst und Kunstgewerbe in Gent

(1)Der vorliegende Beitrag erschließt neue Archivfunde, die nicht in meiner Dissertation zum niederländisch-deutschen Künstler Johan Thorn Prikker publiziert wurden. Christiane HEISER, Kunst-Religion-Gesellschaft. Das Werk Johan Thorn Prikkers zwischen 1890 und 1912. Vom niederländischen Symbolismus zum deutschen Werkbund, Groningen 2008. Angeregt wurde die Thematik während der internationalen Sommerakademie „A Century of Progress. Die Künste im Zeitalter der Weltausstellungen 1850-1939″ am Zentralinstitut für Kunstgeschichte (2000) und erweitert als Vortrag im Rahmen des World’s Fair Symposium in San Francisco (2005). Die zeitgenössischen Begriffe Kunstgewerbe und Raumkunst werden in ihrer historischen Bedeutung benutzt, heute würde man von angewandter Kunst, Innenarchitektur oder Design sprechen. Übersetzungen fremdsprachiger Zitate stammen von der Autorin. Obwohl die meisten durch das Bureau Internationale des Expositions als Weltausstellungen ausgewiesenen Veranstaltungen inzwischen sehr gut dokumentiert und bereits unter verschiedensten Blickwinkeln wissenschaftlich beleuchtet worden sind, ist es erstaunlich, dass die Weltausstellung des Jahres 1913 in Gent weitgehend unbeachtet geblieben ist. Diese Exposition Universelle et Internationale gehörte mit fast elf Millionen Besuchern, 18 932 Ausstellern aus 26 Ländern und einer Gesamtfläche von 130 Hektar sicher nicht zu den kleineren Weltausstellungen. Wie historischen Quellen zu entnehmen ist, stand sie der großen Weltausstellung in Brüssel drei Jahre zuvor an Ambitionen in nichts nach.(2)Vgl. Brigitte SCHROEDER-GUDEHUS, Anne RASMUSSEN, Les fastes du progrès. Le guide des expositions universelles 1851-1992, Paris 1992, S. 169-172. Das Bureau International des Exposition nennt auf seiner Website hingegen 9.505 419 Besucher. www.bie-paris.org/main/index.php?p=-44&m2=116, gesehen am 3.2.2006. Dokumente zur Weltausstellung im Gents Stadsarchief unter: Wereldtentoonstelling 1913 (Expo), N.M.63c (Fotos) und N.M. 64 (Dokumente) bestätigen diese Einschätzung. John Findling unterstrich bereits vor 15 Jahren die Bedeutung der Genter Ausstellung, die er als die „eleganteste und größte” bezeichnet, die bis dahin in Belgien stattgefunden hatte.(3)John E. FINDLING, Kimberley D. PELLE, Historical Dictionary of World’s Fairs and Exhibitions 1851-1988, New York 1990, S. 217. Die politischen Wirren kurz vor dem ersten Weltkrieg, aber wohl auch eine gezielte Propaganda beeinflussten jedoch die Rezeption dieser Schau. Deutschland war zwar in Gent mit ca. 700 Ausstellern vertreten, die deutsche Regierung und die deutschen Industrieverbände schienen das Ereignis jedoch weitgehend ignoriert zu haben. Daran änderte auch die große internationale Aufmerksamkeit nichts, die dem deutschen Pavillon, dessen Errichtung nur durch das Engagement einzelner deutscher Unternehmer und den Deutschen Werkbund ermöglicht worden war, zuteil wurde. Der vorliegende Beitrag will weniger klären, wie diese inoffizielle Beteiligung administrativ-entscheidungstechnisch doch noch zustande kam, sondern vielmehr die Frage beantworten, unter welchen Bedingungen und mit welchem Resultat Deutschland in Gent vertreten war und wie dies innerhalb der Geschichte der deutschen Weltausstellungsteilnahmen zu verorten ist. Neben der Rekonstruktion des deutschen Pavillons und der vom Werkbundmuseum organisierten Abteilung soll auch analysiert werden, wie das moderne deutsche Kunstgewerbe und die Architektur zur nationalen Selbstdarstellung beigetragen haben.

Das Deutsche Haus, Weltausstellung Gent 1913 (Gents Stadsarchief, foto: C. Hourez)
Das Deutsche Haus, Weltausstellung Gent 1913 (Gents Stadsarchief, foto . Hourez).

Teilnahmen und Nichtteilnahmen: Deutschland und der internationale Ausstellungsboom vor dem ersten Weltkrieg.

Das Ausstellungswesen hatte im Verlauf des 19. und 20. Jahrhunderts in der Tat, wie Ekkehard Mai formuliert, „eine ständig steigende, ja nahezu inflationäre Verbreitung und Bedeutung gewonnen.”(4)Ekkehard MAI, „Präsentation und Repräsentativität. Interne Probleme deutscher Kunstausstellungen  im Ausland (1900-1930)”, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 31.1 (1981), S.107-23, hier S. 107. Internationale Ausstellungen boten Deutschland ein wichtiges Podium, um eigene Waren und Güter auf dem Weltmarkt bekanntzumachen und sich über die neusten Erfindungen der Konkurrenz zu informieren. Der Titel „Hoflieferant”, der lange Zeit die Qualität eines Herstellers nachgewiesen hatte, war bereits im 19. Jahrhundert hinter die Auszeichnung von Massenprodukten auf Fach- oder Weltausstellungen mit Medaillen zurückgetreten. Nachdem deutsche Produkte auf der Weltausstellung in Philadelphia 1876 das Siegel „billig und schlecht” erhalten hatten, hatte der Schock und eine staatlich verordnete Gewerbereform die Qualität der Waren in den folgenden Jahrzehnten heben können. Hinzu kam die Werbung, die den Produkten „als gedruckte Reklame in Anzeigen und Plakaten erstmals ein Image, das weit über deren normale Funktion hinausging” verlieh.(5)René GROHNERT, “Vom Hoflieferanten zum virtuellen Warenhaus. Werbung für und mit Weltausstellungen”, in: Expo- Ausgezeichnet! Plakate, Medaillen, Produkte der Weltausstellungen 1851-2000, Hannover 2000, S. 8-11, hier S. 9. Einigen deutschen Produzenten gelang es auf diese Weise ihre Erzeugnisse als Markenartikel auf dem Weltmarkt zu etablieren Als Beispiel seien hier die Firma Bahlsen, die mit ihrem Leibniz-Keks eine internationale Bekanntheit erlangten, die Marke 4711 Echt Kölnisch Wasser der Firma Mühlens und die Kanonen der Firma Krupp, genannt. Der Erfolg der Industrie- und Konsumgüter „Made in Germany” um 1900 zeugten von der noch stets wachsenden Wirtschaftskraft des Kaiserreiches. Die Zuwachsraten der deutschen Exportindustrie stiegen in den Jahren bis zum ersten Weltkrieg auf 8,9%.(6)Chup FRIEMERT, „Der Deutsche Werkbund als Agentur der Warenästhetik in der Aufstiegsphase des Imperialismus”, in: Wolfgang F. HAUG (Hg.), Warenästhetik, Beiträge zur Diskussion, Weiterentwicklung und Vermittlung und Kritik, Frankfurt am Main 1975, S. 177-230, hier S. 205.

Als nach der Reichseinigung und der Wiener Weltausstellung 1873 staatliche Instanzen begonnen hatten eine einheitliche deutsche Beteiligung zu fördern und zu steuern, wurde die deutsche Regierung zum eigentlichen Unternehmer der Ausstellungen. Das „Motiv der Darstellung nationaler Einheit und Stärke in den deutschen Abteilungen der Weltausstellungen” trat dabei immer mehr in den Vordergrund.(7)Christoph CORNELISSEN, „Die politische und kulturelle Repräsentation des Deutschen Reiches auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts”, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Zeitschrift der Geschichtslehrer Deutschlands 52 (März 2001), S. 148-161, hier S. 154. Zur gleichen Zeit manifestierte sich die weltweite Entwicklung zur Errichtung von Nationenpavillons anstelle der ursprünglich gemischten internationalen Hallen den Wechsel von einer friedlichen Wirtschaftskonkurrenz zu einer Nationalisierung der Ausstellungsfrage.(8)Deutschland errichtete 1876 auf der Weltausstellung in Philadelphia erstmals einen eigenen Pavillon. Teilnahme oder Nichtteilnahme wurden stärker mit nationaler Ehre in Zusammenhang gebracht und im Rahmen protektionistischer Handelspolitik in Deutschland zur Staatsangelegenheit erklärt. Auf diese Weise konnte die deutsche Regierung auch gegen den Widerstand der Wirtschaft eine Ausstellungsbeteiligung durchsetzen bzw. bremsen, wenn es die politische Tagesordnung erforderte.(9)Belegt ist die Intervention des Reich-Marine-Amtes, das Friedrich Krupp, der den „Aufwand an Zeit, Arbeit und Geld außer Verhältnis zu den Nutzen der Beteiligung” stehen sah, zu einer Beteiligung  an der Mailänder Esposizione Internazionale del Sempione im Jahr 1906 „gezwungen” hatte. Dieter GESSNER, „Industrialisierung, staatliche Gewerbepolitik und die Anfänge und Entwicklung des deutschen Ausstellungswesens in Deutschland”, in: E. MAI, H. POHL, S. WAETZOLDT (Hg.), Kunstpolitik und Kunstförderung im Kaiserreich. Kunst im Wandel der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Berlin 1982, S. 131-147, hier S. 142f.

Kunstgewerbehalle im Deutschen Haus (Stadsarchief Gent, foto: M. Hourez).

Grundsätzlich war dabei die deutsche Wirtschaft als Gesamtgruppe mehr an Spezialmessen als an Weltausstellungen interessiert.(10)Es bleibt noch anzumerken, das von Seiten der Wirtschaft regelmäßig Widerstand gegen die Beteiligung an Weltausstellungen zu verzeichnen war, da die Industrie die Investitionskosten in Hinblick auf den zu erwartenden Gewinn berechnete. Auch der Einfluss föderaler Kräfte, die allen zentralisierten Aktivitäten und damit auch einer Beteiligung an den Weltausstellungen unter der Ägide der Reichsregierung  kritisch gegenüber standen, ist nicht zu vernachlässigen. Vgl. Evelyn KROKER, Die Weltausstellungen im 19. Jahrhundert. Industrieller Leistungsnachweis, Konkurrenzverhalten und Kommunikationsfunktion unter Berücksichtigung der Montanindustrie des Ruhrgebiets zwischen 1851 und 1880, Göttingen 1975. Einzelne Sparten, die sich auf den jeweiligen Märkten etablieren wollten, wogen im Einzelfall finanziellen Aufwand gegen den voraussichtlichen Gewinn sorgfältig ab. Um sich der staatlichen Bevormundung gegebenenfalls erwehren zu können, war auf Initiative der Wirtschaftsverbände am 16. November 1906 nach dem Vorbild des französischen Comité Francais des Expositions à l’Etranger die Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche Industrie gegründet worden, um internationale Ausstellungsbeteiligungen der deutschen Unternehmer zentral zu betreuen. Wie sie selbst in ihrer Jahresbilanz 1908 resümierte, hatte die Kommission „zahlreiche Gewerbetreibende von der Beteiligung an unnützen Ausstellungen zurückgehalten und sie damit vor Enttäuschung und Schaden bewahrt. In der Bekämpfung des Ausstellungsunwesens ist sie unreellen Unternehmungen und schwindelhaftem Medaillenschacher mit gutem Erfolg entgegengetreten. Auf der anderen Seite hat sie durch Hinweise auf beachtenswerte Ausstellungen vielfach fruchtbare und von den Interessenten anerkannte Anregungen gegeben.”(11)Diese Interessengemeinschaft umfasste den Centralverband Deutscher Industrieller, den Bund der Industriellen, die Centralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen und Vertreter der Reichsbehörden, später den Verein zur Wahrung der Interessen der Chemischen Industrie Deutschlands. Arbeitsbeziehungen bestanden darüber hinaus mit der Vereinigung deutscher elektrotechnischer Firmen, dem Verband Deutscher Elektrotechniker, dem Verein Deutscher Ingenieure, dem Deutschen Handelstag und der Deutschen Kolonialgesellschaft. Da die Weltausstellungserfahrungen nicht systematisch ausgewertet und auch Gründe für Erfolg und Misserfolg nicht analysiert wurden, konnte auch dieses Selbstverwaltungsorgan der deutschen Wirtschaft keine kontinuierliche Linie für deutsche Beteiligungen an Auslandsveranstaltungen erarbeiten. Vgl. Rückblick auf ein halbes Jahrhundert. Hg. von der Ständigen Ausstellungskommission zum Ausstellungs- und Messe-Ausschuß der deutschen Wirtschaft e.V. Köln 1957, S. 8-18, hier S. 17.

Im Abwägen, internationale Ausstellungen auszurichten oder sich zu beteiligen, standen die Deutschen nicht alleine. Auch andere Nationen hatten klare Rahmenbedingungen für die Organisation von und Beteiligung an Weltausstellungen gefordert. Nach einer ersten Konferenz 1907/08 in Paris und der Gründung der Féderation Internationale des Comités Permanents d’Expositions hatte Deutschland, im 19. und 20. Jahrhundert nie Ausrichter einer Weltausstellung, 1912 nach Berlin geladen um die Grundlagen einer internationalen Vereinbarung zu erarbeiten, über die aber bis 1927 keine Einigung erzielt werden konnte.(12)Vgl. http://www.bie-paris.org/main/index.php?p=2&m2=9, gesehen am 20.11.2005. Ziel war es, „die Beziehungen zwischen Veranstaltern und Teilnehmern sowie den ausrichtenden Ländern und offiziellen bzw. privaten Ausstellern {zu, CH.} optimieren”.

Von einer „Ausstellungsmüdigkeit”, die deutsche Zeitgenossen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts auf internationaler Ebene konstatierten(13)Auch Osthaus führte die „Ausstellungsmüdigkeit” als Ursache für die deutsche Nichtbeteiligung in seinem Artikel zur Genter Weltausstellung an: Karl Ernst OSTHAUS, “Die Genter Weltausstellung (1913)”, in: Rainer STAMM (Hg.), Karl Ernst Osthaus, Reden und Schriften. Folkwang, Werkbund, Arbeitsrat, Wuppertal, Köln 2002, S. 77-81, hier S. 77., kann im Rückblick als Ursache für deutsche Nichtteilnahmen kaum gesprochen werden, denn das Kaiserreich nahm im Abstand von drei bis vier Jahren an Weltausstellungen teil, einige deutsche Unternehmer noch häufiger.(14)2005 ging A. Geppert in einem bisher unveröffentlichten Vortrag der Frage nach, warum Deutschland bis zum Jahr 2000 nie eine Weltausstellung ausgerichtet hat. Er diskutierte darin auch den Begriff „Ausstellungsmüdigkeit”, der immer wieder zur Erklärung der ablehnenden Haltung gegenüber den Weltausstellungen herangezogen wurde. Er verweist darauf, dass zum einen die hohe Zahl von Weltausstellungen gerade das Gegenteil zeigten, zum andern, dass es sich um eine spezifisch deutsche Debatte handelte. Zusammen mit der „Weltausstellungsfrage” hatte sich die angebliche „Ausstellungsmüdigkeit” zum Standardargument beider Seiten im ritualisierten Schlagabtausch zwischen deutschen Weltausstellungsgegnern und Befürwortern entwickelt. Alexander GEPPERT, “Why never in Germany. Failed Exposition Projects, Wilhelm II and the Concept of the Pre-Factual, 1870-1910″, World’s Fair Symposium, San Francisco 2005. Geppert hatte bereits zuvor die große internationale Gewerbeausstellung, die 1896 in Berlin-Treptow stattfand, ausführlich als „verhinderte”- Weltausstellung analysiert. Alexander GEPPERT, “Ausstellungsmüde. Deutsche Großausstellungsprojekte und ihr Scheitern, in: Wolkenkuckucksheim 5.1 (Juli 2000), Interessant wäre es, die Tatsache, dass im Gründungsjahr des Deutschen Werkbundes und im Vorfeld der Brüsseler Weltausstellung die Frage nach einer Weltausstellung auf deutschem Boden wieder besonders heftig diskutiert wurde, vor diesem Hintergrund näher zu untersuchen. So war Deutschland neben kleineren Industrie- und Gewerbeausstellungen auf der Exposition Internationale in Brüssel 1897, der Exposition Universelle et Internationale in Paris 1900, der Louisiana Purchase Exposition in St. Louis 1904, der Esposizione Internazionale del Sempione in Mailand 1906 und der Exposition Universelle et Internationale in Brüssel 1910 offiziell vertreten. Dabei wurden 1900, 1904 und 1910 auch eigenständige deutsche Pavillons errichtet.

Seit der Reichsgründung hatte das Deutsche Reich im 19. Jahrhundert zweimal auf eine offizielle Beteiligung an Weltausstellungen verzichtet: in Paris 1878 und 1889. In beiden Fällen hatte es sich um internationale Großveranstaltung des „Erbfeindes” gehandelt.(15)Die jüngere Nationalismusforschung hat die konstitutive Rolle der „Feindschaft” in der Geschichte der der Nationenbildung im 19. Jahrhundert erkannt. Vgl. z.B. CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm.7), S. 149. Der Boykott der deutschen Regierung war politisch motiviert und trug vor allem symbolische Züge, denn eine offizielle Teilnahme an der ersten Weltausstellung auf französischem Boden nach dem deutsch-französischen Krieg war politisch nicht gewünscht, ebenso wie die an der Einhundertjahrfeier der Französischen Revolution, die im Rahmen der Pariser Weltausstellung 1889 zelebriert wurde. Die deutsche Regierung vermied auch in den Folgejahren, an Veranstaltungen teilzunehmen, die deutlich den französischen Interessen dienten oder wo mit einer Übermacht an französischen Ausstellern zu rechnen war. Die Teilnahme an Weltausstellungen, die in Belgien stattfanden, zeigte aus diesem Grund ebenfalls ein wechselvolles Bild.(16)Zur Geschichte der belgischen Weltausstellungstradition vgl. Winfried KRETSCHMER, Geschichte der Weltausstellungen, Frankfurt am Main 1999, S.166ff. Hatte das Deutsche Reich in Brüssel 1897 noch teilgenommen, war man in Lüttich 1905 nicht mehr offiziell vertreten, während man 1910 in Brüssel wieder offiziell und mit einem eigenen Pavillon beteiligt war. In Gent war Deutschland wiederum nicht offiziell vertreten, ein privates Ausstellungskomitee ließ aber ein deutsches Haus errichten. Es stellt sich somit fast zwangsläufig die Frage nach den Hintergründen für diese scheinbar unentschlossene Haltung. Warum waren der Kaiser und die deutsche Regierung an einer Beteiligung in Brüssel interessiert, in Lüttich und in Gent jedoch nicht?

In Lüttich, der Hauptstadt Walloniens, sprach nicht nur die starke französische Ausrichtung der Region gegen eine offizielle deutsche Teilnahme, sondern auch die Tatsache, dass die 70 ha große und 7 Millionen Besucher zählenden Exposition Universelle et Internationale de Liège im Jahr 1905 die Erinnerung an die 75jährige Unabhängigkeit von den Niederlanden zum Thema hatte. Die Veranstaltung stellte damit eine belgische Nationalfeier unter dem Patronat des belgischen Königshauses dar, das seine Zugehörigkeit zum französischen Kulturraum feierte. Die deutsche Regierung hatte eine Teilnahme mit der Begründung abgelehnt, die Beteiligung an den Ausstellungen in Paris im Jahr 1900 und in St. Louis 1904 wären bereits mit zu großen Aufwand verbunden gewesen.(17)A. COCXX, J. LEMMEN, Les expositions universelles et internationales en Belgique de 1885 à 1958, Brüssel 1958, S.65-67. Die staatlichen Zuschüsse waren in der Tat so hoch wie nie zuvor gewesen. Für beide Weltausstellungen hatte das Deutsche Reich jeweils geschätzte fünf Millionen Mark zur Verfügung gestellt. GESSNER, Industrialisierung (wie Anm. 9), S.143. Darüber hinaus hatte sich abgezeichnet, dass Frankreich in Lüttich so umfangreich wie noch nie zuvor auf einer Ausstellung auf belgischem Boden repräsentiert sein würde. Andernorts findet sich die Stellungnahme, die Lütticher Veranstaltung wäre eine reine Werbekampagne für die belgische Industrie.(18)André CAPTEYN, Gent in werelde herboren. Wereldtentoonstelling 1913. Centrum voor kunst en cultuur, Gent 1988, S. 143. Da es sich mit 15.000 Ausstellern aus 33 Ländern aber auch um eine Schau handelte, deren Werbewirkung Teile der deutschen Wirtschaft anerkannten, waren im Vorfeld und während dieser Weltausstellung „einflussreiche Kreise zu der Überzeugung gelangt, dass es für die deutsche Industrie und den Handel besser gewesen wäre, offiziell teilzunehmen.”(19)Katalog der deutschen Abteilung auf der Weltausstellung in Gent 1913, Hg. vom Komitee Deutscher Aussteller auf der Weltausstellung in Gent Köln 1913, S. 5. Mit der offiziellen Nichtteilnahme, stieß die deutsche Reichsregierung wichtige Vertreter der exportorientierten Unternehmerschaft vor den Kopf, die am belgischen Markt interessiert waren und die sich vor allem eine offizielle, das heißt geförderte Ausstellungsbeteiligung gewünscht hätten. Diese hatten sich schließlich in einer Lütticher Ausstellungskommission organisiert und das fehlende Engagement der Regierung ausgeglichen: wie zum Beispiel die Firma Krupp, die aus Furcht, von der englisch-französischen Konkurrenz verdrängt zu werden, auf eigene Kosten und eigenes Risiko teilgenommen hatte.(20)CAPTEYN, Gent (wie Anm. 17), S. 143.

Mit der Gründung des Deutschen Werkbundes zwei Jahre nach der Lütticher Weltausstellung hatten  ausstellungsinteressierte deutsche Industrielle und Gewerbetreibende eine zusätzliche Lobby erhalten. Diese Lobbyarbeit erreichte erstmals einen Höhepunkt, als der Werkbund im deutschen Ausstellungskomitee für Brüssel vertreten und an den Vorbereitungen und der Durchführung beteiligt war. Die Ständige Ausstellungskommission der deutschen Industrie erkannte dabei an, dass Deutschlands Raumkunst und Kunstgewerbe auf den internationalen Gewerbe- und Industrie-Ausstellungen zum Renommee des Kaiserreiches als Kulturnation beitragen konnte, denn unter diesem Qualitätssiegel hatte der Werkbund eine aktive Ausstellungspolitik des deutschen Kaiserreichs einfordern können.(21)Zwischen 1906 und 1913 erreichte die offizielle deutsche Ausstellungspolitik tatsächlich einen Höhepunkt. Die Regierung unterstützte durch das Bereitstellen von Krediten und Subventionen die Beteiligung deutscher Firmen an nationalen und internationalen Ausstellungen: Neben den Weltausstellungen in Brüssel und Mailand an der Internationalen Kunst- und Gartenbauausstellung in Mannheim (1907), der Internationalen Gartenbauausstellung in Dresden (1907), der Internationale Wintersport-Ausstellung in Triberg (1910), der Internationalen Eisenbahn- und Verkehrsmittelausstellung in Buenos Aires (1910), der Internationalen Hygiene- Ausstellung in Dresden (1911) und der Internationalen Baufachausstellung in Leipzig (1913). Auf nationaler Ebene unterstützte sie die Deutsche Kunstgewerbeausstellung in Dresden (1906), die Bayrische Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg (1906) die Deutsche Kunstausstellung Köln (1906), die Hessische Landesausstellung für freie und angewandte Kunst in Darmstadt (1908), die Deutsche Schiffbauausstellung in Berlin (1908), die Württembergische Bauausstellung in Stuttgart (1908), die Kunstgewerbeausstellung München (1908), die Baukunst-Ausstellung in Mannheim (1909), die Ausstellung für christliche Kunst in Düsseldorf (1909), die Ton-, Zement- und Kalkindustrie-Ausstellung Berlin (1910), die Gewerbeausstellung in Allenstein (1910), die Ostdeutsche Ausstellung in Posen (1911) und die Jahrhundertausstellung in Breslau (1913). Vgl. http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/sonstiges/Ausstellungsbauten01.htm, gesehen am 3.2.2006.

Die Aktivitäten des Deutschen Werkbundes vor dem Ersten Weltkrieg

Einem Aufruf von zwölf Künstlern und zwölf Industriellen folgend, waren am 5. Oktober 1907 ca. hundert angesehene Künstler, Industrielle und Kulturschaffende in München zusammengekommen, um eine neuartige Koalition von Kunst und Industrie zu bilden.(22)Die aktuellsten Publikationen zum Deutschen Werkbund sind: 100 Jahre deutscher Werkbund, hg. von Winfried NERDINGER in Zusammenarbeit mit Werner Durth, Mitarbeit Mirjana Grdanjski und Markus Eisen, München, Berlin 2007;  John MACIUIKA: Before the Bauhaus. Architecture, Politics, and the German State, Cambridge University Press 2005; Frederic SCHWARTZ, The Werkbund. Design Theory and Mass Culture before the First World War, Yale University Press 1996. Der deutsche Werkbund wurde mit dem Ziel der „Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk” gegründet. Seine Gründer wollten beweisen, dass die Zusammenarbeit zwischen modernen Künstlern und fortschrittlichen Unternehmern nicht nur das Niveau deutscher gewerblicher Produkte erhöhen, sondern auch den Herstellungsprozess menschenwürdiger gestalten würde. Nur auf diese Weise könne sich eine nationale Kultur herausbilden, die das moderne Deutschland zu repräsentieren vermöge.(23)Joan CAMPBELL, Der Deutsche Werkbund 1907-1934, München 1989, S. 7. Zur Gründungsgeschichte des deutschen Werkbundes vgl. auch Wend FISCHER, Zwischen Kunst und Industrie. Der deutsche Werkbund, Stuttgart 1987, S. 15-56. Viele der späteren Werkbundmitglieder waren bereits im Verband des deutschen Kunstgewerbes engagiert gewesen. Sie teilten den Glauben an eine mögliche Verbindung von Kunst und Leben und erhofften sich mit dem Werkbund eine Organisation zu schaffen, die im Stande war die „politische, nationale und pädagogische Mission des Kunstgewerbes” näher zu definieren und auch durchzusetzen.(24)Mark JARZOMBEK, „The Kunstgewerbe, the Werkbund, and the Aesthetics of Culture in the Wilhelmine Period”, in: Journal of the Society of Architectural Historians 53 (1994), S. 7-19, hier S. 8. Durch das Engagement der Künstlermitglieder, den vielfältigen politischen Einfluss einiger seiner Gründungsväter sowie das gemeinschaftliche Bestreben, die Heterogenität der ästhetischen, politischen und gesellschaftlichen Überzeugungen dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen, konnte der so genannte Werkbundgedanke vor dem Ersten Weltkrieg in der Gesellschaft und in den führenden Kreisen Fuß fassen und auch in der Außenwirkung des Kaiserreiches zum Tragen kommen.(25)Der Berliner Architekt Hermann Muthesius (1861-1927) war Attaché des Handelsministeriums, sowie Regierungs- und Gewerbeschulrat, der Theologe Friedrich Naumann (1860-1919) seit 1907 linksliberaler Abgeordneter im Reichstag, der Architekt Fritz Schumacher (1869-1947), Professor an der Technischen  Universität in Dresden, wurde 1909 Leiter des Hamburger Hochbauamtes und der Architekt Theodor Fischer (1862-1938) dozierte in Stuttgart und München. Andere Werkbundmitglieder, wie der Heilbronner Silberwarenfabrikant Peter Bruckmann (1865-1937) oder der Leiter der Hannoveraner Keksfabrik Hermann Bahlsen (1859-1919), waren erfolgreiche Unternehmer.

Der Werkbund wuchs in der Vorkriegszeit schnell und vor allem nach April 1912, als das Hauptbüro von München in die Hauptstadt des Kaiserreichs umgezogen war. Zur Zeit der Genter Weltausstellung zählte er 1.440 Mitglieder.(26)Vgl. Ernst JÄCKH, „6. Jahresbericht des deutschen Werkbundes”, in: Jahrbuch des deutschen Werkbundes, Jena 1914, S. 87. Er breitete seinen Einfluss durch die Aufnahme regionaler Handelskammern und Gewerbevereine und den Aufbau eines Netzes von Filialen aus. Außerdem beteiligte er sich an bedeutenden nationalen Handelsvereinigungen und dem Reichsverband Deutscher Architekten und Ingenieure. Die Verfechter der Kunstgewerbereform stimulierten nachdrücklich die gesellschaftliche Debatte über Leitbilder der nationalen Identität. Sie versuchten weitere wirtschaftliche und politische Entscheidungsträger davon zu überzeugen, “dass die Ästhetik die entscheidende Rolle für den Status Deutschlands als moderner Nation spielte, da es sich um den einzigen Bereich handelte, in dem die Interessen der Kultur, des täglichen Lebens, der Industrie und der Innen- und Außenpolitik sich verbanden”.(27)JARZOMBEK, Kunstgewerbe (wie Anm. 25), S. 7f. Dank dieser Propaganda stieg in Deutschland das allgemeine Interesse an ästhetischen Fragestellungen und das Vertrauen in die gesellschaftliche Funktion von Kunst und Kunstgewerbe.(28)Die Bemühungen der Reformer fanden ihren Widerhall in den deutschen Kunst- und Kunstgewerbezeitschriften wie Dekorative Kunst, Kunst und Künstler, Kunstgewerbeblatt, Gartenlaube, Deutsche Kunst und Dekoration jener Jahre. Diese Blätter waren geschmacks- und meinungsbildend für die deutsche Mittel- und Oberschicht und begleiteten die Reformdebatten der Kunstgewerbebewegung seit ihren Anfängen. Aus diesem Grund war die Forderung nach einer Verbindung von Kunst und Leben im Wilhelminischen Kaiserreich ein durchaus bekanntes gesellschaftliches Thema, dessen missionarischer Impuls auch über die Grenzen hinausgetragen werden sollte.

Die Werkbundmitglieder waren sich zwar in ihrem Wunsch nach einer deutschen „Ars Una” und der Vorstellung von der heilsamen Wirkung der Kunst auf die Gesellschaft einig, ihre politischen und gesellschaftlichen Überzeugungen divergierten jedoch und selbst einige Mitglieder verbanden in der eigenen Person scheinbar widersprüchlichste Positionen. Karl Ernst Osthaus, der westfälische Industrielle, Kunstmäzen und ein einflussreicher Protagonist der deutschen Reformbewegung, wurde einerseits von einem radikal-künstlerischen Anspruch getrieben, der auf internationalen Austausch gerichtet war – er war auch treibende Kraft hinter den Sonderbundausstellungen der Jahre 1911 und 1912, die den Fauvismus und Kubismus in Deutschland bekannt gemacht hatten –  andererseits hatte er eingedenk seiner alldeutschen Vergangenheit im Katalogtext zum Ausstellungsraum seiner Heimatstadt Hagen auf der III. Dresdner Kunstgewerbe-Ausstellung im Jahr 1906 gefordert: „Nur die Durchdringung unseres ganzen Lebens mit dem Geiste der Kunst kann uns an einen jener Gipfelpunkte des Völkerlebens führen, die selten erreicht, doch wenn erreicht, goldene Zeitalter werden, beseligend in ihrer Schönheit und stolz.”(29)Karl Ernst OSTHAUS, „Der Hagener Raum der Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung (1906)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13), S. 67. Zum Sonderbund westdeutscher Künstler und Kunstfreunde vgl. Magdalena M. MOELLER, Der Sonderbund: seine Voraussetzungen u. Anfänge in Düsseldorf, Köln 1984. Osthaus glaubte daran, das Kunstgewerbe könne als nationales Identifikationsmedium wirken und damit eine neue und glückliche Epoche der deutschen Geschichte einleiten.

Anders als der Privatier Osthaus dachte der Staatsbeamte Hermann Muthesius’ wirtschaftspolitisch und seine Ambitionen auf dem Weg zum Weltmarkt wurden von einem expliziten kulturellen Hegemonialstreben begleitet. Muthesius, der 1904 als offizieller Beobachter für die deutsche Regierung an der Weltausstellung in St. Louis teilgenommen hatte, formulierte bereits drei Jahre später die Hoffnung, dass eine gemeinsame deutsche Ästhetik auf Dauer beweisen würde, dass der gute Geschmack der Deutschen gleichzeitig der Geschmack war, den eigentlich alle Industrienationen anstrebten. „Bei großen künstlerischen Qualitäten wird es einem Lande leicht, im Kunstgewerbe als Führer aufzutreten, in Freiheit sein Bestes zu entwickeln und es der Welt gleichsam aufzuzwingen.”(30)Hermann MUTHESIUS, „Die Bedeutung des Kunstgewerbes”, in: Dekorative Kunst 10 (1907), S. 177-192, hier S. 192. Dieser Versuch, ein deutsches „Kultur- und Qualitätsideal” zu schaffen, ließ sich gut mit den Interessen der deutschen Wirtschaft verbinden und importierte Konkurrenzprodukte auf dem eigenen nationalen Markt zu diskreditieren.(31)FRIEMERT, Der Deutsche Werkbund (wie Anm. 6), S. 205. Osthaus und Muthesius zielten damit in einer Zeit nationaler Konsolidierung auf eine breite Resonanz in der Bevölkerung und die Unterstützung des deutschen Handels und Gewerbes, die ihre Produkte auf dem Weltmarkt positionieren wollten.

Nach der Genter Weltausstellung sollten sich allerdings die unterschiedlichen ästhetischen und politischen Positionen dieser beiden Protagonisten verhärten und es kam zum offenen Streit zwischen Osthaus und Muthesius über den zukünftigen Kurs des Deutschen Werkbundes. Nur der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhinderte ein Auseinanderbrechen dieser einzigartigen Allianz von Interessenvertretern der Kunst und der Industrie.

Vor 1914 bemühte man sich jedoch, die unterschiedlichen Positionen dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen. Das Reformprogramm sollte innerhalb und außerhalb des Deutschen Reiches propagiert werden. Neben nationalen Probeläufen, wie der viel beachteten Ausstellung der Münchner Gruppe des Deutschen Werkbundes zur Wohnkunst und Kunstgewerbe im Jahr 1908, waren es die internationalen Schauen, die ein breiteres Publikum mit den Reformvorstellungen des Verbandes bekanntmachten.(32)Die Ausstellung war ein beispielloser Erfolg und wurde darum auch nach Paris eingeladen. MAI, Präsentation und Repräsentativität (wie Anm. 4), S. 114. Um die Unterstützung der Reichsregierung und der deutschen Gewerbe bei Ausstellungen zu erreichen, forderte der Verband den „Dienst der Kulturgemeinschaft” und milderte diese rigorose Forderung durch den in Aussicht gestellten Gewinn ab, da er zusicherte, deutsche Qualitätsarbeit im In- und Ausland bekanntzumachen.(33)Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk. Verhandlungen des Deutschen Werkbundes zu München am 11.und 12. Juli 1908,  Hg. vom Deutscher Werkbund, Leipzig 1908, S. 17 und S. 31. Friedrich Naumann forderte in seiner Schrift zum Zustand und den Zielen der deutschen Gewerbekunst: „Wir wollen den Weltmarkt erobern…Zur kunstgewerblichen Markteroberung gehört originale Leistung, deutscher Stil.”(34)Friedrich NAUMANN, Deutsche Gewerbekunst, Köln 1908, S. 47. Hier zitiert nach MAI, Präsentation und Repräsentativität (wie Anm. 4), S. 115. Zu Recht interpretiert Joan Campbell die Aktivitäten des Werkbundes nicht nur als idealistischen Versuch einer breiten Geschmacksbildung oder als reine Verkaufsstrategie, sondern auch als patriotisch motivierten Versuch, einen neuen Nationalstil zu etablieren und eine kulturelle Hegemonie in Europa durchzusetzen.„Nur durch Förderung technischer und ästhetischer Vorzüglichkeit könne Deutschland seine Kulturmission erfüllen und die anderen Länder mit seinem Rang als Weltmacht aussöhnen”(35)J. CAMPBELL, Der deutsche Werkbund (wie Anm. 23), S. 63. Auf den Versammlungen des Deutschen Werkbundes wurde dies vorsichtiger ausgedrückt. Dort argumentierte man mit der Überzeugungskraft qualitätvoller Ware, der die internationale Konkurrenz statt Anfeindung nur Bewunderung zollen könnte. Der Werkbund propagierte die Produktreform und ihre Vermarktung auf internationalen Messen und Ausstellungen als einen Beitrag zum Weltfrieden, auch um zukünftigen Nichtteilnahmen vorzubeugen.(36)Veredelung der gewerblichen Arbeit (wie Anm. 34), S. 31 und Die Durchgeistigung der deutschen Arbeit. Bericht über die dritte Jahresversammlung des Deutschen Werkbundes vom 10. bis 12. Juni 1910, Hg. vom Deutscher Werkbund, Jena 1911, S. 3 und S. 43f.

Offiziell – Inoffiziell: Die deutsche Beteiligung an den Weltausstellungen 1910 in Brüssel und 1913 in Gent

Ermuntert vom Erfolg der Lütticher Ausstellung hatte das offizielle belgische Ausstellungsbüro gleich zwei Weltausstellungen für die erste Dekade des 20. Jahrhunderts in Brüssel und Gent geplant.(37)Neben den wirtschaftlichen Gründen spielten wohl auch politische Überlegungen eine Rolle, denn anders als in Lüttich ließ es die belgische Regierung bei der Organisation der Brüsseler Ausstellung nicht bei einer finanziellen Unterstützung bewenden, sondern übergab dem Finanzministerium die Federführung und dem Kriegsministerium die Betreuung des militärischen und kolonialen Teils. Vgl. Winfried KRETSCHMER, Geschichte der Weltausstellungen, Frankfurt am Main 1999, S.168f. Brief des kaiserlichen Gesandten an B. von Bülow vom 7.12.1908 im Archivbestand des Auswärtigen Amtes. Hier zitiert nach CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm. 7), S. 155. Die Kaiserliche Gesandtschaft in Brüssel verwies bereits 1908 auf die Notwendigkeit einer deutschen Beteiligung. Bezogen auf Lüttich forderte sie: „Wir haben da eine Scharte auszuwetzen und sollten uns die Gelegenheit dazu nicht entgehen lassen. Wir würden damit nicht nur etwa das Ansehen einer Anzahl deutscher Handelsfirmen, sondern das deutsche Ansehen überhaupt kräftigen und dessen bedürfen wir hier gegenüber den Bestrebungen, welche unausgesetzt und mit großen Mitteln auf die Stärkung des französischen Einflusses hinarbeiten.”(38)Brief des kaiserlichen Gesandten an B. von Bülow vom 7.12.1908 im Archivbestand des Auswärtigen Amtes. Hier zitiert nach CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm. 7), S. 155.

Die Reichsregierung hatte trotz der Flut von nationalen und internationalen Ausstellungen, und anders als noch fünf Jahre zuvor gegen die Bedenken aus den Reihen der deutschen Wirtschaft und des Reichsschatzamtes eine offizielle Teilnahme bei der Brüsseler Weltausstellung vorangetrieben. Der damalige Staatssekretär Theobald von Bethmann-Hollweg warnte seine Ministerkollegen davor, aus Sparsamkeit wichtige politische und wirtschaftliche Notwendigkeiten zu negieren. Die Beziehung zu Belgien würde durch ein Fernbleiben belastet und die Vormachtstellung Frankreichs im Nachbarland noch gestärkt. Die kulturreformatorischen Kräfte im Land, und dazu gehörte der Deutsche Werkbund, wollten internationale Schauen zu einer Plattform machen, wo „der Vergleich und die Konkurrenz der Systeme, etwa der Bildungs- und Sozialsysteme zu einem Gegenstand der Präsentationen und Diskussionen” gemacht werden konnten, um auf diese Weise Deutschland zu einer führenden Kulturnation zu erheben.(39)Vgl. CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm. 7), S. 156.

„Galt es einst in St Louis, inmitten eines zivilisatorischen Neulandes, die Werte einer alten Kultur darzutun, musste bei der Ausstellung 1900 in Paris alles aufgeboten werden, um Deutschland einen jahrzehntelangen Markt neu zu erschließen, so galt es …in Belgien ein möglichst scharf umgrenztes Bild unseres wirtschaftlichen, sozialen und künstlerischen Lebens zu geben.”(40)G. STOFFERS, Deutschland in Brüssel 1910. Die deutsche Abteilung der Weltausstellung, Köln 1910, S. 8.

Das Komitee für die Organisation der deutschen Ausstellung in Brüssel unter der Leitung des Geh. Kommerzienrat Ravené konstituierte sich 1908 aus Vertretern der Industrie und der Ständigen Ausstellungskommission der deutschen Industrie. Als Reichskommissar stand dem Geh. Regierungsrat Albert ein Etat von einer Million Mark zur Verfügung.(41)Annette CIRE, Temporäre Ausstellungsbauten für Kunst, Gewerbe und Industrie in Deutschland 1896-1915, Frankfurt am Main 1993, S. 520. Damit erklärte die deutsche Regierung die Beteiligung an der geplanten Ausstellung in der Hauptstadt Belgiens, von der erwartet wurde, dass sie ein großes internationales Publikum anzuziehen vermochte, zur nationalen Aufgabe.

Auf der Exposition Universelle et Internationale im Jahr 1910 in Brüssel gehörte Deutschland schließlich zu den wichtigsten Teilnehmern und präsentierte ein groß angelegtes deutsches Haus auf einer Fläche von 3,5 ha mit 5000 deutschen Ausstellern, geadelt durch die Besuche wichtiger deutscher Würdenträger.(42)Neben deutschen Ministern auch der bayerische König Ruprecht und der deutsche Kaiser. Vgl. COCXX, LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 87. Durch eine Bündelung der deutschen Aussteller im deutschen Haus hatte man versucht, nationale Einheit und Geschlossenheit zu signalisieren. Eine derartig aufwendige, nationale Einzeldarstellung war auf einer Weltausstellung ein Novum und zeigte, dass sich die Ausstellungskommission auch ein Ziel des Werkbundes, die „Ausstellung als künstlerisches Ganzes” zu Eigen gemacht hatte.(43)MAI, Präsentation und Repräsentativität (wie Anm. 4), S. 115.

Trotzdem führte die strikte personelle Trennung von Außen – und Innenarchitektur zu unterschiedlichen gestalterischen Lösungen.  Der Münchner Architekt Emanuel von Seidel hatte einen historisierenden Pavillon entworfen, der sich formal noch an den Jugendstil anlehnte. Das deutsche Haus entfernte sich damit im Außenbau nur wenig von internationalen Entwicklungen in der Weltausstellungsarchitektur, denn die meisten Nationen waren auf der Suche nach einem eigenen Nationalstil nach der kurzen Phase des Art Nouveau wieder in eine traditionellere, bereits anerkannte Formensprache zurückgefallen. Bruno Paul repräsentierte hingegen als Leiter der deutschen Kunstgewerbeabteilung gemeinsam mit weiteren Werkbundmitgliedern wie Peter Behrens und Richard Riemerschmied, die Ideale des Deutschen Werkbundes. Die Bemühungen um einen neuen deutschen Stil, der nicht auf historische Formen zurückgreifen, sondern den modernen deutschen Industriestaat repräsentieren sollte, fiel bei der deutschen Regierung auf fruchtbaren Boden, da sie sich der Welt als fortschrittlicher, wenn nicht gar überlegener moderner Staat präsentieren wollte.(44)Die Gruppe der Reformer hatte bereits mehrfach die mangelnde Funktionalität bei der Maschinengestaltung hingewiesen und kritisiert, dass sich “die neusten Errungenschaften von Wissenschaft und Technik in Stuckpalästen griechisch-römischen Stils versteckten”. KRETSCHMER, Geschichte der Weltausstellungen (wie Anm. 38), S. 169.

Von der internationalen und der deutschen Kunstkritik wurde der deutsche Beitrag meist positiv aufgenommen und man war sich einig, dass „ein starker und lebensfähiger Wille zur künstlerischen Betätigung am Werke, dass ein junger Stil geboren ist.”(45)Emil HÖGG, „Die Architektur auf der Brüsseler Weltausstellung 1910″, in: Architektonische Rundschau 1 (1911); zitiert nach Wolfgang FRIEBE: Architektur der Weltausstellungen 1851-1970, Leipzig 1983, S. 137. Der Bruch mit dem Historismus war in den Augen vieler vollzogen und die gesamte deutsche Ausstellung geprägt von einer großen Einheitlichkeit.(46)Natürlich gab es auch kritische Stimmen, denen der deutsche Beitrag entweder zu modern oder zu wenig innovativ war. So beklagt zum Beispiel Osborn die „Schnörkelei der Innen- und Außenbauten”. Max OSBORN, „Bruxelles Kermesse”, in: Kunstgewerbeblatt 21 (1910), S. 201. Muthesius gedachte wehmütig „der geradezu musterhaften kunstgewerblichen Ausstellung in St. Louis”. Hermann MUTHESIUS, „Eindrücke von der Brüsseler Welt-Ausstellung”, in: Deutsche Kunst und Dekoration 27 (1910/11), S. 34. Die Benennung dieses neuen Stils als typisch deutsch wurde zunächst nur vorsichtig angedeutet. Die deutsche Kunstkritik betonte jedoch die Vorreiterrolle des Reiches für einen neuen „europäischen Stil”. Mit Berufung auf die „Gesetze der Sachlichkeit und des guten Geschmacks” sowie den Schlagwörtern „moralische Qualität” und „schöne Form” zog das Deutsche Reich 1910 in Brüssel noch friedlich in den Wettstreit der Nationen: „Deutschland, die jüngste Großmacht, will als eine Facette seines Friedenswerkes, den Völkern, das in Erfüllung begriffene Programm einer jungen Kultur darbringen”.(47)Robert BREUER, Eine Bilanz des deutschen Stils. Deutschlands Raumkunst und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung zu Brüssel 1910. Vom Reichskommissar autorisierten Ausgabe, Stuttgart 1910, S. I-V, hier S. I. und S. V. Die Weltausstellung war – auch dank der positiven Stimmen aus anderen Ländern- sowohl für den deutschen Werkbund und die deutschen Aussteller, als auch für das deutsche Reich ein großer Erfolg, zu dem das Kunstgewerbe und die Raumkunst maßgeblich beigetragen haben.

Auch wenn sich viele dieser Meinung anschlossen, entschied sich die Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche Industrie gegen eine deutsche Beteiligung an der Weltausstellung in Gent drei Jahre später. Und so wurde die deutsche Abteilung auf der Genter Weltausstellung nicht vom Reich unterstützt und hatte auch nicht „den Charakter einer offiziellen deutschen Ausstellung, die von einem kaiserlichen Kommissar geleitet wird”.(48)Katalog Gent (wie Anm. 19), S. 5. Damit stellt sich die Frage, warum es keine offizielle Teilnahme gab und wer schließlich die Unterstützer und Ausrichter der deutschen Abteilung in Gent waren?

1910 war der „moralische Sieg” Deutschlands über Frankreich in der Hauptstadt Belgiens geglückt, die eigene nationale Identität als eine moderne definiert und international präsentiert. Die Beteiligung an einer weiteren belgischen Weltausstellung konnte daher vorerst von der politischen Prioritätenliste gestrichen werden. Mit friedlichen Mitteln schienen die Überschneidung deutscher Wirtschaftsinteressen mit denen anderer Nationen und die Krisenanfälligkeit der auswärtigen Beziehungen nicht mehr lösbar und Deutschland hielt eine verbale und materielle Aufrüstung für angemessen. Am Vorabend des Ersten Weltkrieges standen sich die meisten europäischen Staaten in ihrem Nationalstolz unversöhnlich gegenüber. Durch den Balkankrieg hatte sich die Angst vor kriegerischen Auseinandersatzungen erhöht, und man versuchte, Anlässe der Konfrontation vorerst zu vermeiden. Nicht nur die belgischen Ausstellungsorganisatoren plagte die Sorge über mögliche Auswirkungen der politischen Spannungen auf die Genter Weltausstellung.(49)Katalog Gent (wie Anm. 19), S. 9. Darüber hinaus wollte Deutschland auf keinen Fall bei einem friedlichen Kräftemessen mit Frankreich in Belgien unterliegen.(50)L’Exposition de Gand 1913. Editions Illustrées du „Soir”, Brussel 1913, S.28.

Karl Ernst Osthaus hatte als Befürworter und Mitorganisator der Genter Ausstellung weitere Gründe für das offizielle Fernbleiben Deutschlands genannt: „An die Genter Weltausstellung denkt man als Deutscher mit etwas gemischten Gefühlen. Unsere Regierung hatte die Beteiligung abgelehnt. Sie trug damit … dem Umstande Rechnung, dass in Deutschland im Jahre 1913 zwei wichtige Ausstellungen stattfinden sollten, die auf eine Mitwirkung der besten Kräfte angewiesen waren. Dazu kam die Verstimmung darüber, dass ein kleiner Staat wie Belgien die Welt seit 10 Jahren schon zum dritten Mal mit einer Weltausstellung behelligt.”(51)OSTHAUS, Die Genter Weltausstellung (wie Anm. 13), S. 77.

Osthaus spielt in seinem Kommentar auf zwei Konkurrenzveranstaltungen auf deutschem Boden an, auf die internationale Leipziger Baufachausstellung und die Breslauer Jahrhundertausstellung, für die die deutsche Regierung bereits Mittel und Beamte eingesetzt hatte. Allerdings hatte die räumliche und zeitliche Nähe anderer wichtiger Messen und Ausstellungen, andere Nationen, sowohl ausrichtende als auch teilnehmende, nicht unbedingt von einem offiziellen Beitrag abgehalten.(52)Selbst belgische Unternehmer hatten durch eine extra dafür eingerichtete Commission Supérieure de Patronage überzeugt werden müssen. Auch die Schirmherrschaft des belgischen Königs half, um in- und ausländische Teilnehmer zu gewinnen. Vgl. A. COCXX,  LEMMENS. Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 91. Darüber hinaus macht seine Äußerung deutlich, dass deutsche Überlegenheitsgefühle gegenüber Belgien nur schwer mit der Tatsache zu vereinen waren, dass dieses kleine Nachbarland mehrfach große internationale Ausstellungen ausrichtete, wohingegen das Deutsche Reich noch nie Gastgeber einer Weltausstellung gewesen war.

Die Rolle des Ständigen Ausstellungskomitees der deutschen Industrie ist ebenfalls zu berücksichtigen. In der Forschung taucht immer wieder der nicht näher präzisierte Hinweis auf einflussreiche Gegner der Genter Weltausstellung innerhalb dieser wichtigen Institution auf.(53)Vgl. COCXX,  LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 96. Es handelte sich vermutlich um Bedenkenträger aus den Reihen der deutschen Wirtschaft, deren unentschlossene Haltung und Desinteresse an kostspieligen Investitionen wieder bremsend auf das ganze Komitee wirkten. Auch eine Einflussnahme von Kaiser Wilhelm II kann nicht ausgeschlossen werden. Anlässlich der Brüsseler Weltausstellung war ein Artikel im Berliner Tageblatt mit dem Titel „Der Kaiser gegen die großen Weltschauen” erschienen.(54)Berliner Tageblatt 552 (30.10.1910), zitiert nach GEPPERT, Why never Germany (wie Anm. 14), S. 29. Darüber hinaus kann die Abneigung des deutschen Kaisers gegen alles Französische als Gemeinplatz erachtet werden. Seine Ablehnung des Mediums Weltausstellungen steht vermutlich im Zusammenhang mit seinem Veto zu einer Weltausstellung auf deutschem Boden. Ein Nein zu Gent wäre in diesem Zusammenhang auch notwendig gewesen, um seine Glaubwürdigkeit zu gewährleisten.

Sobald offiziell bekannt wurde, dass Deutschland in Gent nicht dabei sein würde, verstärkte Frankreich erfolgreich seine Anstrengungen, sich auf dieser Weltausstellung wieder als Leitnation Europas zu profilieren.(55)Frankreichs Beitrag war – neben Belgien als Gastgeber mit ca. 5000 Ausstellern auf 6,5 ha – der umfangreichste. Laut Cocxx und Lemmens waren 10.562 französische Ausstellern auf 4,2 ha in Gent vertreten. COCXX,  LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 93. Obwohl Gent – anders als Lüttich – flämisch war und damit der deutschen Kultur näher stand als der wallonische Teil Belgiens, war eine Hegemonie Frankreichs in der Stadt ungebrochen und die meisten belgischen Intellektuellen neigten zur Annäherung an die französische Kultur.(56)Der Rückzug Deutschlands von der Genter Weltausstellung ist umso bemerkenswerter, da Flandern bereits um 1910 Ziel jener Propaganda war, die die Zusammengehörigkeit von Flamen und Deutschen propagierte. Friebe hat etwa aus diesem Grund die spätere, inoffizielle Teilnahme Deutschlands auch als Unterstützung der politischen Bestrebungen der flämischen Bevölkerung interpretiert. Vgl. FRIEBE Architektur der Weltausstellungen, (wie Anm. 46) S. 134. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte die so genannte „Westforschung” auf diese großdeutschen Gedanken zurückgreifen und mit Forschungs- und Aktionsprogrammen einen pangermanisch inspirierten und wissenschaftlich gestützten Kampf gegen die wallonisch-romanische Kultur führen. Vgl. Burkhard DIETZ, Helmut GABEL, Ulrich TIEDAU (Hg.), Griff nach dem Westen. Die ‘Westforschung’ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919-1960), Münster 2003.

„Dieser Sieg ist ihnen gelungen. In der Qualität des Gebotenen sind die Akzente verschieden verteilt, in der Quantität aber ist Frankreich so sehr allen Nationen überlegen, dass man in Gent die Ausstellung nicht unrichtig als eine französische unter Zulassung anderer Nationen bezeichnet. Sie wurde mit Ministerbesuchen aus Paris eröffnet, und bei jeder offiziellen Veranstaltung werden die Ansprachen des französischen Reichskommissars mit frenetischem Jubel begrüßt. Von Bestrebungen, die Genter Universität flämisch zu machen, wird man wohl auf lange hinaus nichts mehr hören.”(57)Osthaus, Die Genter Weltausstellung (wie Anm. 13),S. 77.

Die deutsche Regierung hatte nach dem offiziellen Nein zu Gent und dem Rückzug der Ständigen Ausstellungskommission der deutschen Industrie, auch privaten Initiativen entgegengewirkt, die teilnehmen wollten und keinerlei finanzielle Unterstützung in Form von Krediten, Subventionen oder Lotterien gewährt. Stattdessen kam es nach Ausstellungsbeginn zu verstärkten Propaganda gegen Belgien und zum Herabwürdigen der Genter Weltausstellung, die in den deutschen Medien dann folgerichtig ignoriert oder provinziell genannt wurde.(58)Dies ist verschiedensten deutschen Zeitungsartikeln zu entnehmen, die ohne Quellennachweis in den Unterlagen des Gents Stadsarchief zu finden sind unter den Signaturen „Wereldtentoonstelling 1913 (Expo)”, und „N.M. 64″. Betrachtet man jedoch allein die Zahlen, dann war die Genter Ausstellung die größte, die Belgien vor dem Ersten Weltkrieg ausgerichtet hatte. Der Ausstellungspark war mit 40 Hektar, die Ausstellungsfläche mit 60.000 qm größer als in Brüssel 1910, auch wenn diese zwei Millionen Besucher mehr angezogen hatte. Trotzdem war in Deutschland mit wenigen Ausnahmen, wie die Stimme eines Journalisten der Kleinen Presse, nur wenig Kritik an der Nichtbeteiligung zu vernehmen.

„Wie kann man es in Deutschland noch wagen, die Genter Ausstellung geringschätzig als eine solche ‘zweiten Ranges’ zu bezeichnen, wie dies von gewisser Stelle versucht wird. Heißt dies nicht, die öffentliche Meinung und die Interessenten zu täuschen?”(59)Frankfurter Kleine Presse, im Februar 1912. Die Zeitung wurde in der mehrsprachigen offiziellen Ausstellungszeitung zitiert: Gand-Exposition. Organe officiel de l’exposition universelle et internationale de Gand en 1913, Gent 1911-1913, S. 60.

Trotz des Gegenwinds von Seiten der Regierung und des Ständigen Ausstellungskomitees hatte sich auf maßgebliches Betreiben des Krupp-Konzerns ein privates Komitee Deutscher Aussteller auf der Weltausstellung in Gent mit Sitz in Frankfurt am Main formiert, indem auch der Deutsche Werkbund repräsentiert war. Ihre Vertreter fürchteten, dass der Verzicht auf eine Teilnahme in Gent, das in Brüssel erreichte wieder zunichte machen könnte.(60)Eine berechtigte Angst, denn nicht zufällig hatte die englische Konkurrenz in Gent mit einer umfangreichen Kunstgewerbeschau auf den deutschen Erfolg in Brüssel reagiert. COCXX,  LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 96. In nur eineinhalb Jahren Vorbereitung plante und realisierte dieses Komitee einen monumentalen deutschen Pavillon, der interessanterweise auf den ersten Blick kaum von einem offiziellen Repräsentationsgebäude zu unterscheiden war. Alle Abteilungen für Handwerk, Kleinindustrie und Kunstgewerbe wurden in die Hände des Deutschen Werkbundes unter Leitung von Karl Ernst Osthaus gelegt.(61)Im Vorwort des Ausstellungsführers kam das Komitee selbst zum Schluss, dass der erfolgreiche Beitrag zur Weltausstellung ohne Hilfe offizieller Stellen und ausschließlich dem eigenen Engagement zu danken sei. Eine genauere Beschreibung der überwundenen Schwierigkeiten ist hier ebenfalls zu finden. Katalog Gent 1913 (wie Anm. 19), S. 9.

Karl Ernst Osthaus, der Deutsche Werkbund und das Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen

Karl Ernst Osthaus nahm als Leiter der deutschen Kunstgewerbe- und Raumkunstabteilung der Genter Weltausstellung eine Schlüsselfunktion ein, da er – mit Ausnahme der Eingangshalle, der Maschinenhalle und der Restaurants – für den Großteil der Innenarchitektur des Deutschen Pavillons und die Präsentation der Exponate zuständig war. Sein Gesamtkonzept unterlag der Vorstellung vom „Künstler als Lehrer der Gewerbe”, wie sie sich im gleichnamigen, monumentalen Fenster im Bahnhofneubau seiner Heimatstadt Hagen aus dem Jahr 1910 programmatisch manifestierte, das der niederländische Künstler Johan Thorn Prikker entworfen hatte.(62)Osthaus’ Engagement für die moderne Architektur und eine neue „Werkkunst” ging als „Hagener Impuls” in die Kunstgeschichte ein. Der Begriff bezeichnet „den einzigen Abschnitt in der Geschichte der Stadt Hagen, in dem sie der Ort und Schauplatz für eine im internationalen Maßstab wichtige Entwicklung war: die Jahre zwischen 1900 und 1921, in denen der Hagener Karl Ernst Osthaus als Mäzen, Vermittler und Organisator seine Vision, die Schönheit wieder zur herrschenden Macht im Leben werden zu lassen, in Hagen beispielhaft zu realisieren versuchte”. www.keom.de/hagener_impuls, gesehen am 27.03.2006. Die Bedeutung des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe für die moderne Architektur und die angewandte Kunst ist heute unbestritten. Vgl. Herta HESSE-FRIELINGHAUS,  Karl Ernst Osthaus. Recklinghausen 1971, S. 259-344 und Karl Ernst Osthaus Museum (Hg.), Der westdeutsche Impuls 1900-1914. Kunst und Umweltgestaltung im Industriegebiet. Die Folkwang-Idee des Karl Ernst Osthaus. Hagen 1984, S. 48-92, sowie Michael FEHR, Sabine RÖDER, Georg STORCK (Hg.), Das Schöne und der Alltag. Deutsches Museum für Kunst in Handel und Gewerbe, Krefeld, Hagen, Köln 1997. Nicht nur die Gründung des Museums Folkwang im Jahre 1901 und die Vergabe architektonischer Aufträge als Bauherr oder Vermittler an progressive Künstler wie Henry van de Velde oder Peter Behrens sind für Osthaus’ Aktivitäten beispielhaft, sondern auch die Idee zu einem Deutschen Museum für Kunst in Handel und Gewerbe, das als Werkbundinstitution für die Entwicklung und Verbreitung der Kunstgewerbereform von höchster Bedeutung war.

Der Deutsche Werkbund proklamierte die Gründung des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe zum 9.8.1909 in Anwesenheit des deutschen Kaisers auf Hohensyburg bei Dortmund. Damit erhob der Werkbund indirekt den Anspruch, eine Art Nationalsammlung zusammenzustellen, ein „Museum, das wie kein anderes die Geschichte der modernen Kulturbewegung darzustellen in der Lage sein wird” und das mit dem Segen des Kaisers „der ganzen deutschen Nation zum Nutzen sein” soll.(63)Karl Ernst OSTHAUS, „Gründung eines deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen (1909)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13) , S. 68 und Karl Ernst OSTHAUS, „Das Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen (1910)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13) , S. 71. Das wichtigste Instrument zur Umsetzung dieser Ziele sah man im Aufbau eines „Musterlagers von künstlerisch wertvollen Erzeugnissen”, vom Alltags- bis zum Luxusobjekt der im Werkbund vertretenen Künstler und Firmen, und neben allen „das kaufmännische Leben berührenden Gegenständen” archivierte das neue Museum Zeichnungen und Fotos moderner Inneneinrichtung, Architektur und aus dem Städtebau.(64)Dazu gehörten: “Drucksachen, Reklameartikel und Verpackungen, kunstgewerblich verwertbarer Materiale, wie Hölzer, Stein- und Lederarten, Metalle und ihre Legierungen in allen erreichbaren Nuancen, Marmorarten und Glasproben, Gewebe, Fliesen und Geräte, Tapeten, Spann- und Möbelstoffe, Linoleum und Teppichbeläge, Fenster- Tür und Möbelbeschläge, Möbel und Beleuchtungskörper, Schaufenster, Läden, Ausstellungshallen, Kontore, Werkstätten, Maschinenhäuser und Fabriken, unter Umständen auch Schiffe, Fest- und Tafeldekorationen, Reklamewagen und Theaterszenerien”. OSTHAUS Gründung eines deutschen Museums, 1909 (wie Anm. 64), S. 68.

Von Beginn an war geplant, dass die Organisation und Verwaltung der Sammlung ihren Sitz in Hagen haben, die Sammlung selbst aber ständig auf Reisen sein sollte. Durch die „permanente Freizügigkeit bei Handelskammern, Kaufmannsschulen, Handelshochschulen und Museen” sollten Handwerkern und Künstlern geeignete Vorbilder und Studienobjekte zur Verfügung gestellt werden, um die Produktion qualitätvoller Produkte anzuregen, anderseits sollte sie der deutschen Bevölkerung ein Bewusstsein für moderne Formgebung vermitteln und ihren Geschmack schulen.(65)OSTHAUS, Gründung eines deutschen Museums, 1909 (wie Anm. 64), S. 68. Gleichzeitig sollte der „Aufwand an Geld, Zeit und Energie”, den Museen in die hohe Zahl kunstgewerblicher Ausstellungen investierten, durch eine „Zentralstelle für gewerbliche Ausstellungen” gebündelt und dadurch reduziert werden. Damit hatte das Deutsche Museum von Anfang an die Funktion einer ständigen Ausstellungskommission des Werkbundes übernommen.(66)Karl Ernst OSTHAUS, „Das Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen (1909)”,in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13), S. 70. Diese Vermittlungsarbeit stand ganz im Dienste der Durchsetzung eines neuen Stils und einer neuen Lebensvision und erschöpfte sich nicht im Ausstellungswesen, sondern wurde durch Vorträge und Publikationen ergänzt, um die umfassende und „dauernde Unterrichtung des Publikums” zu gewährleisten.(67)OSTHAUS, Das Deutsche Museum, 1909 (wie Anm. 67), S. 69. Durch die angegliederte Plakatprüfstelle, das Handfertigkeitsseminar, die Silberschmiede, den Folkwang-Auriga-Verlag und die Photographien- und Diapositivzentrale wurde das Deutsche Museum zur Schnittstelle zwischen Künstlern, Unternehmern und der breiten Öffentlichkeit.(68)Zu den Aktivitäten des Deutschen Museums siehe auch Gerhard Storck, „Eine Organisation, die ihre Fäden unsichtbar spinnt. Planungsziel: Werkkunst”, in: Das Schöne und der Alltag (wie Anm. 63) S. 26-31. Damit übernahm das Deutsche Museum, wichtige Erziehungs- und Bildungsaufgaben, sowie die ‘Propaganda’ des Werkbundes und die Vermarktung seiner Produkte.(69)Da ständige Ankäufe auch dem wohlhabenden Osthaus nicht immer möglich waren, griff er für die Ausstellungen häufig auf Leihgaben oder Fotos zurück. Wie Christiane Lamberty herausgefunden hat, unterstützte der Werkbund das Museum und seine Ankäufe mit 1000 Mark im Jahr. 1911 wurde zusätzlich der Verein Deutsches Museum e.V. gegründet. Christiane LAMBERTY, Reklame in Deutschland 1890-1914. Wahrnehmung, Professionalisierung und Kritik der Wirtschaftswerbung, Berlin 2000, S. 340.

Als 1908 die Vorbereitungen für die Weltausstellung in Brüssel begannen, musste die Beteiligung des Deutschen Werkbundes, der dort das erste Mal international in Erscheinung trat, noch ohne das Deutsche Museum geleistet werden. Erst in den Jahren 1911-14 erreichten die Ausstellungsaktivitäten des Werkbundmuseums ihren Höhepunkt. Die erfolgreiche Wanderausstellung „German Applied Art” war mit über tausend Exponaten die erste amerikanische Museumspräsentation des Werkbundes, die Industriedesign zusammen mit moderner deutscher Kunst präsentierte und die 1912 und 1913 in sieben amerikanischen Städten gezeigt wurde. Alle Exponate, die am Ende der Reise nicht verkauft waren, wurden zur Genter Weltausstellung weitergeschickt, die für die internationale Anerkennung des Deutschen Museums den Durchbruch hätte bedeuten können, wäre es nicht zu Auseinandersetzungen innerhalb des Werkbundes und zum Krieg gekommen. Osthaus hatte anlässlich der amerikanischen Kunstgewerbeausstellung des Deutschen Museums geklagt: „Nicht überall sah man den hohen Nutzen ein, der ein geistiger Austausch zwischen verwandten Völkern haben muss.”(70)Karl Ernst OSTHAUS, „German Applied Art (1912)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13), S. 73. Vgl. auch Barry Shifman, „Design für die Industrie. Die Ausstellung German Applied Arts in den Vereinigten Staten, 1912-13, in: Das Schöne und der Alltag (wie Anm. 63), S. 377-398. Die Weltausstellung in Gent war für Osthaus daher eine weitere Gelegenheit, diesen Austausch auf der Ebene der angewandten Kunst zu suchen. Auch wenn seine Meinung nicht von allen Mitgliedern des Werkbundes geteilt wurde, so stellte Gent für ihn und seine Mitstreiter einen erfolgreichen Probelauf für die erste große Übersichtschau des Werkbunds in Deutschland dar, der Kölner Werkbundausstellung des Jahres 1914.(71)STORCK, Planungsziel: Werkkunst (wie Anm. 69). Vgl. auch Osthaus´ Korrespondenzen mit Henry van de Velde im Karl-Ernst-Osthaus-Archiv unter G101. Zur Kölner Werkbundausstellung vgl. Angelika Thiekötter, Deutsche Werkbund-Ausstellung Cöln 1914 – Idee und Realisierung, in: Die Deutsche Werkbund-Ausstellung Cöln 1914, hg. vom Kölnischen Kunstverein 1984, S. 60ff.

Christiane Heiser, 2010.

Chritiane Heiser promoveerde in 2008 in Groningen met de dissertatie Kunst-Religion-Gesellschaft. Das Werk Johan Thorn Prikkers zwischen 1890 und 1912. Vom Niederländischen Symbolismus zum Deutschen Werkbund. Ze werkte als gastconservator mee aan de grote Thorn Prikkertentoonstelling in Museum Boijmans Van Beuningen Rotterdam die in 2011 te zien was in het Museum Kunst Palast in Düsseldorf.

noten   [ + ]

1. Der vorliegende Beitrag erschließt neue Archivfunde, die nicht in meiner Dissertation zum niederländisch-deutschen Künstler Johan Thorn Prikker publiziert wurden. Christiane HEISER, Kunst-Religion-Gesellschaft. Das Werk Johan Thorn Prikkers zwischen 1890 und 1912. Vom niederländischen Symbolismus zum deutschen Werkbund, Groningen 2008. Angeregt wurde die Thematik während der internationalen Sommerakademie „A Century of Progress. Die Künste im Zeitalter der Weltausstellungen 1850-1939″ am Zentralinstitut für Kunstgeschichte (2000) und erweitert als Vortrag im Rahmen des World’s Fair Symposium in San Francisco (2005). Die zeitgenössischen Begriffe Kunstgewerbe und Raumkunst werden in ihrer historischen Bedeutung benutzt, heute würde man von angewandter Kunst, Innenarchitektur oder Design sprechen. Übersetzungen fremdsprachiger Zitate stammen von der Autorin.
2. Vgl. Brigitte SCHROEDER-GUDEHUS, Anne RASMUSSEN, Les fastes du progrès. Le guide des expositions universelles 1851-1992, Paris 1992, S. 169-172. Das Bureau International des Exposition nennt auf seiner Website hingegen 9.505 419 Besucher. www.bie-paris.org/main/index.php?p=-44&m2=116, gesehen am 3.2.2006. Dokumente zur Weltausstellung im Gents Stadsarchief unter: Wereldtentoonstelling 1913 (Expo), N.M.63c (Fotos) und N.M. 64 (Dokumente) bestätigen diese Einschätzung.
3. John E. FINDLING, Kimberley D. PELLE, Historical Dictionary of World’s Fairs and Exhibitions 1851-1988, New York 1990, S. 217.
4. Ekkehard MAI, „Präsentation und Repräsentativität. Interne Probleme deutscher Kunstausstellungen  im Ausland (1900-1930)”, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 31.1 (1981), S.107-23, hier S. 107.
5. René GROHNERT, “Vom Hoflieferanten zum virtuellen Warenhaus. Werbung für und mit Weltausstellungen”, in: Expo- Ausgezeichnet! Plakate, Medaillen, Produkte der Weltausstellungen 1851-2000, Hannover 2000, S. 8-11, hier S. 9.
6. Chup FRIEMERT, „Der Deutsche Werkbund als Agentur der Warenästhetik in der Aufstiegsphase des Imperialismus”, in: Wolfgang F. HAUG (Hg.), Warenästhetik, Beiträge zur Diskussion, Weiterentwicklung und Vermittlung und Kritik, Frankfurt am Main 1975, S. 177-230, hier S. 205.
7. Christoph CORNELISSEN, „Die politische und kulturelle Repräsentation des Deutschen Reiches auf den Weltausstellungen des 19. Jahrhunderts”, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Zeitschrift der Geschichtslehrer Deutschlands 52 (März 2001), S. 148-161, hier S. 154.
8. Deutschland errichtete 1876 auf der Weltausstellung in Philadelphia erstmals einen eigenen Pavillon.
9. Belegt ist die Intervention des Reich-Marine-Amtes, das Friedrich Krupp, der den „Aufwand an Zeit, Arbeit und Geld außer Verhältnis zu den Nutzen der Beteiligung” stehen sah, zu einer Beteiligung  an der Mailänder Esposizione Internazionale del Sempione im Jahr 1906 „gezwungen” hatte. Dieter GESSNER, „Industrialisierung, staatliche Gewerbepolitik und die Anfänge und Entwicklung des deutschen Ausstellungswesens in Deutschland”, in: E. MAI, H. POHL, S. WAETZOLDT (Hg.), Kunstpolitik und Kunstförderung im Kaiserreich. Kunst im Wandel der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Berlin 1982, S. 131-147, hier S. 142f.
10. Es bleibt noch anzumerken, das von Seiten der Wirtschaft regelmäßig Widerstand gegen die Beteiligung an Weltausstellungen zu verzeichnen war, da die Industrie die Investitionskosten in Hinblick auf den zu erwartenden Gewinn berechnete. Auch der Einfluss föderaler Kräfte, die allen zentralisierten Aktivitäten und damit auch einer Beteiligung an den Weltausstellungen unter der Ägide der Reichsregierung  kritisch gegenüber standen, ist nicht zu vernachlässigen. Vgl. Evelyn KROKER, Die Weltausstellungen im 19. Jahrhundert. Industrieller Leistungsnachweis, Konkurrenzverhalten und Kommunikationsfunktion unter Berücksichtigung der Montanindustrie des Ruhrgebiets zwischen 1851 und 1880, Göttingen 1975.
11. Diese Interessengemeinschaft umfasste den Centralverband Deutscher Industrieller, den Bund der Industriellen, die Centralstelle für Vorbereitung von Handelsverträgen und Vertreter der Reichsbehörden, später den Verein zur Wahrung der Interessen der Chemischen Industrie Deutschlands. Arbeitsbeziehungen bestanden darüber hinaus mit der Vereinigung deutscher elektrotechnischer Firmen, dem Verband Deutscher Elektrotechniker, dem Verein Deutscher Ingenieure, dem Deutschen Handelstag und der Deutschen Kolonialgesellschaft. Da die Weltausstellungserfahrungen nicht systematisch ausgewertet und auch Gründe für Erfolg und Misserfolg nicht analysiert wurden, konnte auch dieses Selbstverwaltungsorgan der deutschen Wirtschaft keine kontinuierliche Linie für deutsche Beteiligungen an Auslandsveranstaltungen erarbeiten. Vgl. Rückblick auf ein halbes Jahrhundert. Hg. von der Ständigen Ausstellungskommission zum Ausstellungs- und Messe-Ausschuß der deutschen Wirtschaft e.V. Köln 1957, S. 8-18, hier S. 17.
12. Vgl. http://www.bie-paris.org/main/index.php?p=2&m2=9, gesehen am 20.11.2005. Ziel war es, „die Beziehungen zwischen Veranstaltern und Teilnehmern sowie den ausrichtenden Ländern und offiziellen bzw. privaten Ausstellern {zu, CH.} optimieren”.
13. Auch Osthaus führte die „Ausstellungsmüdigkeit” als Ursache für die deutsche Nichtbeteiligung in seinem Artikel zur Genter Weltausstellung an: Karl Ernst OSTHAUS, “Die Genter Weltausstellung (1913)”, in: Rainer STAMM (Hg.), Karl Ernst Osthaus, Reden und Schriften. Folkwang, Werkbund, Arbeitsrat, Wuppertal, Köln 2002, S. 77-81, hier S. 77.
14. 2005 ging A. Geppert in einem bisher unveröffentlichten Vortrag der Frage nach, warum Deutschland bis zum Jahr 2000 nie eine Weltausstellung ausgerichtet hat. Er diskutierte darin auch den Begriff „Ausstellungsmüdigkeit”, der immer wieder zur Erklärung der ablehnenden Haltung gegenüber den Weltausstellungen herangezogen wurde. Er verweist darauf, dass zum einen die hohe Zahl von Weltausstellungen gerade das Gegenteil zeigten, zum andern, dass es sich um eine spezifisch deutsche Debatte handelte. Zusammen mit der „Weltausstellungsfrage” hatte sich die angebliche „Ausstellungsmüdigkeit” zum Standardargument beider Seiten im ritualisierten Schlagabtausch zwischen deutschen Weltausstellungsgegnern und Befürwortern entwickelt. Alexander GEPPERT, “Why never in Germany. Failed Exposition Projects, Wilhelm II and the Concept of the Pre-Factual, 1870-1910″, World’s Fair Symposium, San Francisco 2005. Geppert hatte bereits zuvor die große internationale Gewerbeausstellung, die 1896 in Berlin-Treptow stattfand, ausführlich als „verhinderte”- Weltausstellung analysiert. Alexander GEPPERT, “Ausstellungsmüde. Deutsche Großausstellungsprojekte und ihr Scheitern, in: Wolkenkuckucksheim 5.1 (Juli 2000), Interessant wäre es, die Tatsache, dass im Gründungsjahr des Deutschen Werkbundes und im Vorfeld der Brüsseler Weltausstellung die Frage nach einer Weltausstellung auf deutschem Boden wieder besonders heftig diskutiert wurde, vor diesem Hintergrund näher zu untersuchen.
15. Die jüngere Nationalismusforschung hat die konstitutive Rolle der „Feindschaft” in der Geschichte der der Nationenbildung im 19. Jahrhundert erkannt. Vgl. z.B. CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm.7), S. 149.
16. Zur Geschichte der belgischen Weltausstellungstradition vgl. Winfried KRETSCHMER, Geschichte der Weltausstellungen, Frankfurt am Main 1999, S.166ff.
17. A. COCXX, J. LEMMEN, Les expositions universelles et internationales en Belgique de 1885 à 1958, Brüssel 1958, S.65-67. Die staatlichen Zuschüsse waren in der Tat so hoch wie nie zuvor gewesen. Für beide Weltausstellungen hatte das Deutsche Reich jeweils geschätzte fünf Millionen Mark zur Verfügung gestellt. GESSNER, Industrialisierung (wie Anm. 9), S.143.
18. André CAPTEYN, Gent in werelde herboren. Wereldtentoonstelling 1913. Centrum voor kunst en cultuur, Gent 1988, S. 143.
19. Katalog der deutschen Abteilung auf der Weltausstellung in Gent 1913, Hg. vom Komitee Deutscher Aussteller auf der Weltausstellung in Gent Köln 1913, S. 5.
20. CAPTEYN, Gent (wie Anm. 17), S. 143.
21. Zwischen 1906 und 1913 erreichte die offizielle deutsche Ausstellungspolitik tatsächlich einen Höhepunkt. Die Regierung unterstützte durch das Bereitstellen von Krediten und Subventionen die Beteiligung deutscher Firmen an nationalen und internationalen Ausstellungen: Neben den Weltausstellungen in Brüssel und Mailand an der Internationalen Kunst- und Gartenbauausstellung in Mannheim (1907), der Internationalen Gartenbauausstellung in Dresden (1907), der Internationale Wintersport-Ausstellung in Triberg (1910), der Internationalen Eisenbahn- und Verkehrsmittelausstellung in Buenos Aires (1910), der Internationalen Hygiene- Ausstellung in Dresden (1911) und der Internationalen Baufachausstellung in Leipzig (1913). Auf nationaler Ebene unterstützte sie die Deutsche Kunstgewerbeausstellung in Dresden (1906), die Bayrische Jubiläums-Landesausstellung in Nürnberg (1906) die Deutsche Kunstausstellung Köln (1906), die Hessische Landesausstellung für freie und angewandte Kunst in Darmstadt (1908), die Deutsche Schiffbauausstellung in Berlin (1908), die Württembergische Bauausstellung in Stuttgart (1908), die Kunstgewerbeausstellung München (1908), die Baukunst-Ausstellung in Mannheim (1909), die Ausstellung für christliche Kunst in Düsseldorf (1909), die Ton-, Zement- und Kalkindustrie-Ausstellung Berlin (1910), die Gewerbeausstellung in Allenstein (1910), die Ostdeutsche Ausstellung in Posen (1911) und die Jahrhundertausstellung in Breslau (1913). Vgl. http://www.kmkbuecholdt.de/historisches/sonstiges/Ausstellungsbauten01.htm, gesehen am 3.2.2006.
22. Die aktuellsten Publikationen zum Deutschen Werkbund sind: 100 Jahre deutscher Werkbund, hg. von Winfried NERDINGER in Zusammenarbeit mit Werner Durth, Mitarbeit Mirjana Grdanjski und Markus Eisen, München, Berlin 2007;  John MACIUIKA: Before the Bauhaus. Architecture, Politics, and the German State, Cambridge University Press 2005; Frederic SCHWARTZ, The Werkbund. Design Theory and Mass Culture before the First World War, Yale University Press 1996.
23. Joan CAMPBELL, Der Deutsche Werkbund 1907-1934, München 1989, S. 7. Zur Gründungsgeschichte des deutschen Werkbundes vgl. auch Wend FISCHER, Zwischen Kunst und Industrie. Der deutsche Werkbund, Stuttgart 1987, S. 15-56.
24. Mark JARZOMBEK, „The Kunstgewerbe, the Werkbund, and the Aesthetics of Culture in the Wilhelmine Period”, in: Journal of the Society of Architectural Historians 53 (1994), S. 7-19, hier S. 8.
25. Der Berliner Architekt Hermann Muthesius (1861-1927) war Attaché des Handelsministeriums, sowie Regierungs- und Gewerbeschulrat, der Theologe Friedrich Naumann (1860-1919) seit 1907 linksliberaler Abgeordneter im Reichstag, der Architekt Fritz Schumacher (1869-1947), Professor an der Technischen  Universität in Dresden, wurde 1909 Leiter des Hamburger Hochbauamtes und der Architekt Theodor Fischer (1862-1938) dozierte in Stuttgart und München. Andere Werkbundmitglieder, wie der Heilbronner Silberwarenfabrikant Peter Bruckmann (1865-1937) oder der Leiter der Hannoveraner Keksfabrik Hermann Bahlsen (1859-1919), waren erfolgreiche Unternehmer.
26. Vgl. Ernst JÄCKH, „6. Jahresbericht des deutschen Werkbundes”, in: Jahrbuch des deutschen Werkbundes, Jena 1914, S. 87.
27. JARZOMBEK, Kunstgewerbe (wie Anm. 25), S. 7f.
28. Die Bemühungen der Reformer fanden ihren Widerhall in den deutschen Kunst- und Kunstgewerbezeitschriften wie Dekorative Kunst, Kunst und Künstler, Kunstgewerbeblatt, Gartenlaube, Deutsche Kunst und Dekoration jener Jahre. Diese Blätter waren geschmacks- und meinungsbildend für die deutsche Mittel- und Oberschicht und begleiteten die Reformdebatten der Kunstgewerbebewegung seit ihren Anfängen. Aus diesem Grund war die Forderung nach einer Verbindung von Kunst und Leben im Wilhelminischen Kaiserreich ein durchaus bekanntes gesellschaftliches Thema, dessen missionarischer Impuls auch über die Grenzen hinausgetragen werden sollte.
29. Karl Ernst OSTHAUS, „Der Hagener Raum der Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung (1906)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13), S. 67. Zum Sonderbund westdeutscher Künstler und Kunstfreunde vgl. Magdalena M. MOELLER, Der Sonderbund: seine Voraussetzungen u. Anfänge in Düsseldorf, Köln 1984.
30. Hermann MUTHESIUS, „Die Bedeutung des Kunstgewerbes”, in: Dekorative Kunst 10 (1907), S. 177-192, hier S. 192.
31. FRIEMERT, Der Deutsche Werkbund (wie Anm. 6), S. 205.
32. Die Ausstellung war ein beispielloser Erfolg und wurde darum auch nach Paris eingeladen. MAI, Präsentation und Repräsentativität (wie Anm. 4), S. 114.
33. Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk. Verhandlungen des Deutschen Werkbundes zu München am 11.und 12. Juli 1908,  Hg. vom Deutscher Werkbund, Leipzig 1908, S. 17 und S. 31.
34. Friedrich NAUMANN, Deutsche Gewerbekunst, Köln 1908, S. 47. Hier zitiert nach MAI, Präsentation und Repräsentativität (wie Anm. 4), S. 115.
35. J. CAMPBELL, Der deutsche Werkbund (wie Anm. 23), S. 63.
36. Veredelung der gewerblichen Arbeit (wie Anm. 34), S. 31 und Die Durchgeistigung der deutschen Arbeit. Bericht über die dritte Jahresversammlung des Deutschen Werkbundes vom 10. bis 12. Juni 1910, Hg. vom Deutscher Werkbund, Jena 1911, S. 3 und S. 43f.
37. Neben den wirtschaftlichen Gründen spielten wohl auch politische Überlegungen eine Rolle, denn anders als in Lüttich ließ es die belgische Regierung bei der Organisation der Brüsseler Ausstellung nicht bei einer finanziellen Unterstützung bewenden, sondern übergab dem Finanzministerium die Federführung und dem Kriegsministerium die Betreuung des militärischen und kolonialen Teils. Vgl. Winfried KRETSCHMER, Geschichte der Weltausstellungen, Frankfurt am Main 1999, S.168f. Brief des kaiserlichen Gesandten an B. von Bülow vom 7.12.1908 im Archivbestand des Auswärtigen Amtes. Hier zitiert nach CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm. 7), S. 155.
38. Brief des kaiserlichen Gesandten an B. von Bülow vom 7.12.1908 im Archivbestand des Auswärtigen Amtes. Hier zitiert nach CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm. 7), S. 155.
39. Vgl. CORNELISSEN, Die politische und kulturelle Repräsentation (wie Anm. 7), S. 156.
40. G. STOFFERS, Deutschland in Brüssel 1910. Die deutsche Abteilung der Weltausstellung, Köln 1910, S. 8.
41. Annette CIRE, Temporäre Ausstellungsbauten für Kunst, Gewerbe und Industrie in Deutschland 1896-1915, Frankfurt am Main 1993, S. 520.
42. Neben deutschen Ministern auch der bayerische König Ruprecht und der deutsche Kaiser. Vgl. COCXX, LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 87.
43. MAI, Präsentation und Repräsentativität (wie Anm. 4), S. 115.
44. Die Gruppe der Reformer hatte bereits mehrfach die mangelnde Funktionalität bei der Maschinengestaltung hingewiesen und kritisiert, dass sich “die neusten Errungenschaften von Wissenschaft und Technik in Stuckpalästen griechisch-römischen Stils versteckten”. KRETSCHMER, Geschichte der Weltausstellungen (wie Anm. 38), S. 169.
45. Emil HÖGG, „Die Architektur auf der Brüsseler Weltausstellung 1910″, in: Architektonische Rundschau 1 (1911); zitiert nach Wolfgang FRIEBE: Architektur der Weltausstellungen 1851-1970, Leipzig 1983, S. 137.
46. Natürlich gab es auch kritische Stimmen, denen der deutsche Beitrag entweder zu modern oder zu wenig innovativ war. So beklagt zum Beispiel Osborn die „Schnörkelei der Innen- und Außenbauten”. Max OSBORN, „Bruxelles Kermesse”, in: Kunstgewerbeblatt 21 (1910), S. 201. Muthesius gedachte wehmütig „der geradezu musterhaften kunstgewerblichen Ausstellung in St. Louis”. Hermann MUTHESIUS, „Eindrücke von der Brüsseler Welt-Ausstellung”, in: Deutsche Kunst und Dekoration 27 (1910/11), S. 34.
47. Robert BREUER, Eine Bilanz des deutschen Stils. Deutschlands Raumkunst und Kunstgewerbe auf der Weltausstellung zu Brüssel 1910. Vom Reichskommissar autorisierten Ausgabe, Stuttgart 1910, S. I-V, hier S. I. und S. V.
48. Katalog Gent (wie Anm. 19), S. 5.
49. Katalog Gent (wie Anm. 19), S. 9.
50. L’Exposition de Gand 1913. Editions Illustrées du „Soir”, Brussel 1913, S.28.
51. OSTHAUS, Die Genter Weltausstellung (wie Anm. 13), S. 77.
52. Selbst belgische Unternehmer hatten durch eine extra dafür eingerichtete Commission Supérieure de Patronage überzeugt werden müssen. Auch die Schirmherrschaft des belgischen Königs half, um in- und ausländische Teilnehmer zu gewinnen. Vgl. A. COCXX,  LEMMENS. Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 91.
53. Vgl. COCXX,  LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 96.
54. Berliner Tageblatt 552 (30.10.1910), zitiert nach GEPPERT, Why never Germany (wie Anm. 14), S. 29. Darüber hinaus kann die Abneigung des deutschen Kaisers gegen alles Französische als Gemeinplatz erachtet werden.
55. Frankreichs Beitrag war – neben Belgien als Gastgeber mit ca. 5000 Ausstellern auf 6,5 ha – der umfangreichste. Laut Cocxx und Lemmens waren 10.562 französische Ausstellern auf 4,2 ha in Gent vertreten. COCXX,  LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 93.
56. Der Rückzug Deutschlands von der Genter Weltausstellung ist umso bemerkenswerter, da Flandern bereits um 1910 Ziel jener Propaganda war, die die Zusammengehörigkeit von Flamen und Deutschen propagierte. Friebe hat etwa aus diesem Grund die spätere, inoffizielle Teilnahme Deutschlands auch als Unterstützung der politischen Bestrebungen der flämischen Bevölkerung interpretiert. Vgl. FRIEBE Architektur der Weltausstellungen, (wie Anm. 46) S. 134. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte die so genannte „Westforschung” auf diese großdeutschen Gedanken zurückgreifen und mit Forschungs- und Aktionsprogrammen einen pangermanisch inspirierten und wissenschaftlich gestützten Kampf gegen die wallonisch-romanische Kultur führen. Vgl. Burkhard DIETZ, Helmut GABEL, Ulrich TIEDAU (Hg.), Griff nach dem Westen. Die ‘Westforschung’ der völkisch-nationalen Wissenschaften zum nordwesteuropäischen Raum (1919-1960), Münster 2003.
57. Osthaus, Die Genter Weltausstellung (wie Anm. 13),S. 77.
58. Dies ist verschiedensten deutschen Zeitungsartikeln zu entnehmen, die ohne Quellennachweis in den Unterlagen des Gents Stadsarchief zu finden sind unter den Signaturen „Wereldtentoonstelling 1913 (Expo)”, und „N.M. 64″.
59. Frankfurter Kleine Presse, im Februar 1912. Die Zeitung wurde in der mehrsprachigen offiziellen Ausstellungszeitung zitiert: Gand-Exposition. Organe officiel de l’exposition universelle et internationale de Gand en 1913, Gent 1911-1913, S. 60.
60. Eine berechtigte Angst, denn nicht zufällig hatte die englische Konkurrenz in Gent mit einer umfangreichen Kunstgewerbeschau auf den deutschen Erfolg in Brüssel reagiert. COCXX,  LEMMENS, Les expositions universelles (wie Anm. 17), S. 96.
61. Im Vorwort des Ausstellungsführers kam das Komitee selbst zum Schluss, dass der erfolgreiche Beitrag zur Weltausstellung ohne Hilfe offizieller Stellen und ausschließlich dem eigenen Engagement zu danken sei. Eine genauere Beschreibung der überwundenen Schwierigkeiten ist hier ebenfalls zu finden. Katalog Gent 1913 (wie Anm. 19), S. 9.
62. Osthaus’ Engagement für die moderne Architektur und eine neue „Werkkunst” ging als „Hagener Impuls” in die Kunstgeschichte ein. Der Begriff bezeichnet „den einzigen Abschnitt in der Geschichte der Stadt Hagen, in dem sie der Ort und Schauplatz für eine im internationalen Maßstab wichtige Entwicklung war: die Jahre zwischen 1900 und 1921, in denen der Hagener Karl Ernst Osthaus als Mäzen, Vermittler und Organisator seine Vision, die Schönheit wieder zur herrschenden Macht im Leben werden zu lassen, in Hagen beispielhaft zu realisieren versuchte”. www.keom.de/hagener_impuls, gesehen am 27.03.2006. Die Bedeutung des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe für die moderne Architektur und die angewandte Kunst ist heute unbestritten. Vgl. Herta HESSE-FRIELINGHAUS,  Karl Ernst Osthaus. Recklinghausen 1971, S. 259-344 und Karl Ernst Osthaus Museum (Hg.), Der westdeutsche Impuls 1900-1914. Kunst und Umweltgestaltung im Industriegebiet. Die Folkwang-Idee des Karl Ernst Osthaus. Hagen 1984, S. 48-92, sowie Michael FEHR, Sabine RÖDER, Georg STORCK (Hg.), Das Schöne und der Alltag. Deutsches Museum für Kunst in Handel und Gewerbe, Krefeld, Hagen, Köln 1997.
63. Karl Ernst OSTHAUS, „Gründung eines deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen (1909)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13) , S. 68 und Karl Ernst OSTHAUS, „Das Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen (1910)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13) , S. 71.
64. Dazu gehörten: “Drucksachen, Reklameartikel und Verpackungen, kunstgewerblich verwertbarer Materiale, wie Hölzer, Stein- und Lederarten, Metalle und ihre Legierungen in allen erreichbaren Nuancen, Marmorarten und Glasproben, Gewebe, Fliesen und Geräte, Tapeten, Spann- und Möbelstoffe, Linoleum und Teppichbeläge, Fenster- Tür und Möbelbeschläge, Möbel und Beleuchtungskörper, Schaufenster, Läden, Ausstellungshallen, Kontore, Werkstätten, Maschinenhäuser und Fabriken, unter Umständen auch Schiffe, Fest- und Tafeldekorationen, Reklamewagen und Theaterszenerien”. OSTHAUS Gründung eines deutschen Museums, 1909 (wie Anm. 64), S. 68.
65. OSTHAUS, Gründung eines deutschen Museums, 1909 (wie Anm. 64), S. 68.
66. Karl Ernst OSTHAUS, „Das Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen (1909)”,in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13), S. 70.
67. OSTHAUS, Das Deutsche Museum, 1909 (wie Anm. 67), S. 69.
68. Zu den Aktivitäten des Deutschen Museums siehe auch Gerhard Storck, „Eine Organisation, die ihre Fäden unsichtbar spinnt. Planungsziel: Werkkunst”, in: Das Schöne und der Alltag (wie Anm. 63) S. 26-31.
69. Da ständige Ankäufe auch dem wohlhabenden Osthaus nicht immer möglich waren, griff er für die Ausstellungen häufig auf Leihgaben oder Fotos zurück. Wie Christiane Lamberty herausgefunden hat, unterstützte der Werkbund das Museum und seine Ankäufe mit 1000 Mark im Jahr. 1911 wurde zusätzlich der Verein Deutsches Museum e.V. gegründet. Christiane LAMBERTY, Reklame in Deutschland 1890-1914. Wahrnehmung, Professionalisierung und Kritik der Wirtschaftswerbung, Berlin 2000, S. 340.
70. Karl Ernst OSTHAUS, „German Applied Art (1912)”, in: STAMM, Osthaus (wie Anm. 13), S. 73. Vgl. auch Barry Shifman, „Design für die Industrie. Die Ausstellung German Applied Arts in den Vereinigten Staten, 1912-13, in: Das Schöne und der Alltag (wie Anm. 63), S. 377-398.
71. STORCK, Planungsziel: Werkkunst (wie Anm. 69). Vgl. auch Osthaus´ Korrespondenzen mit Henry van de Velde im Karl-Ernst-Osthaus-Archiv unter G101. Zur Kölner Werkbundausstellung vgl. Angelika Thiekötter, Deutsche Werkbund-Ausstellung Cöln 1914 – Idee und Realisierung, in: Die Deutsche Werkbund-Ausstellung Cöln 1914, hg. vom Kölnischen Kunstverein 1984, S. 60ff.